Zu 95 Prozent Mord - Der Tod von Lutz Eigendorf 11FREUNDE

Unbe­stritten ist, dass der Becken­bauer der DDR“ ins Faden­kreuz der Staats­si­cher­heit geriet, als er sich 1979 nach einem Spiel des BFC Dynamo aus Ost-Berlin in Kai­sers­lau­tern abge­setzt hatte. Es gibt Indi­zien, die auf einen Mord-Anschlag hin­deuten, doch bewiesen wurde nichts.

Am 5. März 1983 kam Eigen­dorfs Sport­wagen nachts von einer regen­nassen Land­straße ab und prallte gegen einen Baum. Er erlag zwei Tage später seinen Kopf­ver­let­zungen; die Obduk­tion ergab einen sehr hohen Alko­hol­ge­halt im Blut. Die Ver­mu­tung, der damals bei Ein­tracht Braun­schweig unter Ver­trag ste­hende Profi habe aus Frust über eine Nicht­no­mi­nie­rung sein Leben leicht­fertig aufs Spiel gesetzt, schmet­tert Jörg Berger vehe­ment ab: Das war kein Unfall, das war zu 95 Pro­zent Mord.“ Der frü­here Bun­des­liga-Trainer war neun Tage nach Eigen­dorf aus der DDR geflohen.

Ber­gers Mord-These wird unter­stützt vom Jour­na­listen Heri­bert Schwan, der in seinem Buch Tod dem Ver­räter!“ ein hand­schrift­li­ches Doku­ment – angeb­lich aus dem Minis­te­rium für Staats­si­cher­heit – vom 19. Sep­tember 1983 auf­führt, das sich mit der Ana­lyse von Tötungs-Methoden und anschlie­ßender Ver­tu­schung beschäf­tigt und in dem Eigen­dorf nament­lich erwähnt wird. Schwan glaubt, Eigen­dorf sei auf­ge­lauert und Alkohol mit einer gif­tigen Sub­stanz ein­ge­flößt worden: Mir ging es bei der Recherche darum, zu zeigen, mit wel­chen Mit­teln die Stasi im Osten wie im Westen vor­ge­gangen ist.“

Stasi-Chef Mielke emp­fand die Flucht als per­sön­liche Nie­der­lage

Der Fall bleibt dubios, zumal viele Stasi-Akten aus­ge­rechnet der Jahre 1980 bis 1983 fehlen, obwohl bis zu 50 haupt­amt­liche Stasi-Mit­ar­beiter auf das damals größte Talent des DDR-Fuß­balls und dessen Familie ange­setzt worden sein sollen. Für Berger könnte Eigen­dorfs Hang zur Pro­vo­ka­tion des DDR-Regimes ihn am Ende das Leben gekostet haben. Wir waren für die DDR so schon Staats­feinde, weil wir die Flucht geschafft hatten und auch noch in der Öffent­lich­keit standen“, sagt der 63-Jäh­rige: Aber Lutz hat das System ständig pro­vo­ziert. Ich habe ihn mehr­mals gewarnt: Halte dich mit Inter­views zurück, die Erich Mielke reizen könnten.“ Stasi-Chef Mielke habe bereits Eigen­dorfs Flucht von seinem BFC als per­sön­liche Nie­der­lage emp­funden“, so Berger. Hinzu kamen DDR-kri­ti­sche Inter­views, eines zum Bei­spiel direkt an der Ber­liner Mauer nur wenige Tage vor seinem Tod. Berger: Lutz hat auch jede Gele­gen­heit genutzt, zu Spielen des BFC in West-Deutsch­land oder auch der Schweiz zu reisen. Da fuhr er mit seinem Wagen vor nach dem Motto: Jungs, ich habe es geschafft.“ Die Stasi habe Angst gehabt, dass Eigen­dorf oder andere Repu­blik-Flücht­linge andere Sportler abwerben“ könnte, so Berger. Der ehe­ma­lige Hertha-Trainer Falko Götz zum Bei­spiel, der 1983 gemeinsam mit Dirk Schlegel ein Euro­pa­cup­spiel des BFC in Bel­grad zur Flucht genutzt hatte, berich­tete, er habe in Stasi-Unter­lagen einen Ent­füh­rungs­plan gefunden.

Was bleibt sind Gerüchte, die wohl nie­mals ver­stummen werden, aber auch nie­mals ganz auf­ge­klärt werden können. Das ist tra­gisch und beklem­mend“, sagt Berger. Ich bekomme noch heute eine Gän­se­haut, wenn ich dar­über nach­denke.“

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