Nothing Toulouse 11FREUNDE

Das vio­lette Volk wartet seit über 60 Jahren darauf! Zusammen gehen wir bis zum Ende! Wir werden den fran­zö­si­schen Pokal gewinnen!“ So singen es die Ultras des Tou­louse FC seit einigen Wochen bei jedem Spiel. Im Text spie­gelt sich die Sehn­sucht, nach über 60 Jahren Titel­lo­sig­keit wieder einen Pokal zu holen. Die Chancen dafür stehen an diesem Wochen­ende so gut wie noch nie: Am Sams­tag­abend trifft der TFC im Finale der Coupe de France auf den Vor­jah­res­sieger FC Nantes. Für die Süd­fran­zosen, die im ver­gan­genen Jahr noch in der zweiten Liga spielten, ist es nach dem Auf­stieg im Mai 2022 der größte Erfolg der jün­geren Ver­eins­ge­schichte. Was sind die Gründe für den Auf­schwung?

Früh­jahr 2020. Auf­grund der Corona-Pan­demie beschließt der fran­zö­si­sche Fuß­ball­ver­band FFF, die Ligue1-Saison vor­zeitig abzu­bre­chen. Zu diesem Zeit­punkt steht Tou­louse mit gerade einmal 13 Punkten abge­schlagen auf dem letzten Tabel­len­platz. Trotz der beson­deren Umstände ist es ein Abstieg mit Ansage: Bereits in den Jahren zuvor hatten die Lila-Weißen den Klas­sen­er­halt oft nur mit Mühe und Not geschafft, zwi­schen 2015 und 2019 been­dete der TFC die Saison zweimal auf Platz 17 und einmal auf Platz 18. Nach dem Abstieg beginnt es zudem, intern zu rumoren. Zunächst tritt der lang­jäh­rige Prä­si­dent Oli­vier Sadran von seinem Amt zurück, wenig später folgt ihm sein enger Ver­trauter Jean-Fran­çois Sou­casse. In den Augen vieler Fans sind die beiden Funk­tio­näre haupt­ver­ant­wort­lich für den sport­li­chen Nie­der­gang.

Wen­gers Kader­planer als Prä­si­dent

Kurz darauf steigt das US-ame­ri­ka­ni­sche Unter­nehmen Red­Bird Capital Part­ners als Investor beim TFC ein und erwirbt 85 Pro­zent der Anteile des Ver­eins. Zudem wird Damien Comolli als neuer Prä­si­dent vor­ge­stellt. Der Fran­zose gilt als abso­luter Fuß­ball­fach­mann: Anfang der 2000er-Jahre arbei­tete er unter Arsène Wenger als Kader­planer von Arsenal London, später war er Sport­di­rektor bei der AS Saint-Éti­enne und beim FC Liver­pool. In Tou­louse ver­kündet er bereits wenige Wochen nach dem Abstieg ambi­tio­nierte Ziele: Der TFC soll sofort wieder auf­steigen und sich anschlie­ßend dau­er­haft im oberen Tabel­len­drittel der Ligue 1 eta­blieren. Es gibt keinen Grund, dass die viert­größte Stadt Frank­reichs nicht unter den besten Klubs des Landes ver­treten ist“, betont er auf einer Pres­se­kon­fe­renz.

Durch den neuen Investor hatte Tou­louse das größte Budget der zweiten Liga zur Ver­fü­gung“, sagt der fran­zö­si­sche Sport­jour­na­list Valentin Blais. Allein für die Spie­ler­ge­hälter wurden über 12,5 Mil­lionen Euro aus­ge­geben.“ Doch die Inves­ti­tionen sind nicht alles. Gemeinsam mit Red­Bird Capital Part­ners ent­wi­ckelt der Klub eine Stra­tegie zur Opti­mie­rung der Kader­pla­nung: Mit­hilfe eines Online-Algo­rithmus, der prä­zise Daten über tau­sende Spieler welt­weit lie­fert, werden mög­liche Neu­zu­gänge aus­ge­wertet. Wir arbeiten mit Unter­nehmen zusammen, die uns Daten lie­fern. Außerdem haben wir unsere eigenen Sta­tis­tiker, Platt­formen und Algo­rithmen,“ sagt Comolli gegen­über ligue1​.fr. Im Trans­fer­sommer 2020 habe man über 140 Spieler beob­achtet und dabei 450 Stunden Video­ma­te­rial aus­ge­wertet.

Wie alt ist der TFC?

Mit Erfolg: Branco van den Boomen, vorher wenig erfolg­rei­cher Mit­tel­feld­spieler in der zweiten hol­län­di­schen Liga, ent­wi­ckelt sich in Tou­louse zum Leis­tungs­träger und sam­melt in zwei Jahren 46 Scor­er­punkte. Auch Stürmer Rhys Healey, zuvor in der dritten eng­li­schen Liga bei Milton Keynes Dons unter Ver­trag, erlebt beim TFC einen Kar­rie­re­sprung und erzielt in in der zweiten Liga 34 Treffer. In der Saison 2021/22 stellt Tou­louse mit 2,2 Toren pro Spiel die beste Offen­sive der Liga und steigt hoch­ver­dient in die Ligue1 auf.

Nach einem guten Sai­son­start mit fünf Punkten aus drei Spielen eta­bliert sich das Team von Phil­ippe Mon­ta­nier auch in der ersten Liga und hat sechs Spiel­tage vor Sai­son­ende den Klas­sen­er­halt so gut wie sicher. Dazu kommt durch den 2:1‑Erfolg im Halb­fi­nale gegen Annecy der über­ra­schende Einzug ins Finale der Coupe de France, die der Klub erst­mals seit 1957 wieder nach Tou­louse holen will. Damals war es zwar ein gleich­na­miger Vor­gän­ger­verein des heu­tigen TFC, der das Finale in Colombes bei Paris gewann. Der heu­tige Tou­louse Foot­ball Club wurde erst 1970 gegründet. Doch Prä­si­dent Comolli erzählte unlängst in einem Inter­view mit dem Radio­sender RMC, dass die Spieler schon damals Tri­kots mit dem TFC-Wappen getragen hätten. Er betonte: Es war der­selbe Klub.“ Auch die Fans beziehen sich in ihren Lie­dern auf die Tra­di­tion des alten TFC. Und werden am Sams­tag­abend im Stade de France wieder von ihrer Sehn­sucht singen, den ersten Titel nach über 60 Jahren zu holen.

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